Der Titel vom neuen Film des renommierten und immer noch recht jungen deutschen Regisseur Fatih Akin klingt schon verheißungsvoll: »Aus dem Nichts« – in der Hauptrolle sehen wir Diane Kruger in ihrer schauspielerisch vielleicht bedeutendsten Rolle.
Der Film ist ein Herzensprojekt des Hamburger Regisseurs, jahrelang hat er am Drehbuch gewerkelt und übernahm auch noch Produktion und Regie.
Der Film dreht sich vereinfacht um die Betrachtung der NSU-Morde aus Opfersicht.
Akin wählt eine bewusst einperspektivische Darstellung, die er aber leider nicht immer stringent durchzieht.
Es ist sehr wirkungsvoll, wenn Diane Kruger in mehreren aufeinanderfolgenden Szenen im Mittelpunkt steht und wir ihren emotionalen Zusammenbruch zu spüren bekommen. Besonders in Momenten der tiefsten Trauer nehmen sich Regie und Ton angenehm zurück, Kruger darf sich vollends entfalten.
Dieses besondere Regietalent Akins wird den ganzen Film über erkenntlich.
Bild, Ton und Licht ergänzen sich angenehm und geben insbesondere Krugers Darstellung viel Raum.
Wie auch in vielen anderen deutschen Produktionen ist die Ausstattung teils übermäßig luxuriös, das stört hier aber zum Glück nicht so sehr.
An der Technik des Films liegt es also nicht bzw. nur bedingt. Denn der Film deutet auch über die Kamera zu viele inhaltliche Richtungen an, was ihm am Ende zum Verhängnis wird. So bleibt es nicht ganz bei der bereits erwähnten einperspektivischen Darstellung.
Besagte Kamera verharrt mehrmals länger auf dem ausdruckslosen Gesicht der Zschäpekopie im Gerichtssaal, wir sehen die mutmaßlichen Täter beim Joggen in der Natur. Ich frage mich: Was möchte mir Akin damit sagen? Dass die Täter eiskalt oder auch nur Menschen sind? Viele moralische Fragen werden teils unbewusst thematisiert und dann nicht weiter verfolgt.
Besonders das letzte Bild, ein Text, vermittelt das Gefühl, dass sich Drehbuchautor Akin inhaltlich verfangen hat. In diesem Text steht etwas über die NSU-Morde, dabei gab es im Film schon einige unmissverständliche Andeutungen, eine weitere Konkretisierung nimmt dem Ganzen ein Stück mehr an Universalität. So fühlt sich der Film am Ende verzweifelter und privater an als das vermutlich geplant war.
Etwas Positives kann man manch indirekt angesprochener moralischer Fragestellung dann doch abgewinnen: Der Interpretationsspielraum bietet Platz für Diskussionen.
Diese Kontroverse, das insgesamt hohe technische Niveau und am wichtigsten die überragende, vielseitige Diane Kruger, die den Film auf ihren Schultern trägt, treiben ebenjenen in die Spitze des aktuellen deutschen Films, international ist er aber trotz Golden-Globe-Nominierung nur Mittelmaß.
Release (Deutschland) 23. November 2017
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