Für die Möglichkeit, als Journalist der »Freie Generation Reporter«
Teil der diesjährigen Berlinale gewesen sein zu dürfen, bin ich sehr dankbar.
Wir waren ein tolles Team voll ungefilterter Freude und wahrhaftiger Begeisterung für den Film. Wir genossen beeindruckende Werke und beklagten uns über die weniger gelungenen Festivalbeiträge.
Der Fokus auf die Analyse von und Konversation über Filme in der vergangenen Woche hat mich nicht nur intellektuell erfüllt, sondern meinen Filmverstand weiter geschärft.
In diesem Artikel versuche ich mich an einem an manchen Stellen mehr, an anderen weniger ausführlichen Résumé der diesjährigen Berlinale.
Wir alle sind dem langjährigen Festivaldirektor Dieter Kosslick für sein hingebungsvolles Engagement zu großem Dank verpflichtet.
Er hat dieses berühmte Festival 18 Jahre lang geleitet, geformt und nachhaltig verändert.
Die Berlinale wird heutzutage in einem Atemzug mit den Filmfestivals in Cannes und Venedig genannt und zieht weltweit die meisten Zuschauer an.
Ich habe hohe Erwartungen an die zukünftige Doppelspitze, bestehend aus Direktor Carlo Chatrian und künstlerischer Leiterin Mariette Rissenbeek.
Ich hoffe, dass ab nächstem Jahr ein neuer Fokus auf die inhaltliche Substanz des Festivals gelegt und die Filmauswahl wieder mutiger und kreativer wird.
Auch dieses Jahr blieben wieder viele Sektionen nicht klar definiert und abgegrenzt. Einige Beiträge kamen mir außerdem nicht nur unpassend ausgewählt vor, sondern bevorzugt aufgrund womöglich persönlicher Kontakte und einer intensiveren Berlinale-Vergangenheit der betreffenden Filmemacher.
Des Weiteren war ich schockiert von der unqualifizierten und unprofessionellen Arbeit einiger Moderatoren der Sektion Generation, die weder über eine wenigstens durchschnittliche Rhetorik, noch ausreichende Fremdsprachenkenntnisse verfügten und sich in erschreckender Frequenz inhaltlich wenig bis gar nicht vorbereitet hatten. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass ich mich richtig fremdgeschämt habe.
Die sogenannten »Hosts« repräsentieren nicht nur die Berlinale, sondern uns als Land. Am bedauerlichsten ist das Ganze aber für die Filmemacher, die oft aus fernen Ländern anreisen, um endlich ihren großen Durchbruch zu schaffen, um dann bei den ersten Screenings ihrer Filme so etwas durchmachen zu müssen.
Obwohl ich die 69. Berlinale und etwas genauer noch die Sektion Generation gerade in einem kritischen Licht beleuchtet habe, konnte ich sie dennoch sehr genießen, wie ja auch schon in meiner Einleitung ersichtlich wurde.
Denn ich habe dieses Mal auch wirklich großartige Filme (der Sektion Generation) sehen dürfen. Herausgeragt hat dieses Jahr »Beol-sae«,
das ergreifende Langfilmdebüt der südkoreanischen Regisseurin Bo-ra Kim, die dazu auch das Drehbuch verfasste. Mitgerissen hat mich auch die Dokumentation »Espero tua (re)volta« der brasilianischen Regisseurin Eliza Capai oder die kraftvolle Boxer-Doku »Ringside« des deutschen Regisseurs André Hörmann.
Zwei dieser hervorragenden Beiträge sind unter der Feder von selbstbewussten und eigenständigen Frauen entstanden, was unter den fast ausschließlich weiblichen Reportern, mit denen ich gemeinsam Artikel über die Generation und ihre Filme verfasste, so gut wie gar kein Thema war. Das hat mir sehr gefallen.
Denn es zeigt, wie selbstverständlich diese Entwicklung für uns ist.
Aber natürlich lebe auch ich in einer gewissen Blase.
Um mich herum wird das Thema der Emanzipation der Frau konstruktiv und produktiv thematisiert, aber oft auch in überbordender Häufigkeit und an oft unpassenden Stellen zum zentralen Diskussionsstoff gemacht.
Versteht mich nicht falsch: Wir müssen das auch thematisieren!
Nur hoffe ich, dass die Phase der überhitzten Debatte und teils kompletten Infragestellung alles Männlichen nur eine Übergangsphase ist, eine Art fiktiv-blutige Revolution. Ich hoffe, dass wir bald in einer Gesellschaft leben werden, in der nicht mehr hilflos und verzweifelt nach undifferenzierten und in vielerlei Hinsicht kontraproduktiven Frauenquoten geschrien werden muss, sondern in einer Gemeinschaft, in der die größten Talente gefördert werden und weder Geschlecht, sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Herkunft, Glaube oder sonst irgendetwas auch nur in irgendeiner Form thematisiert werden und eine Rolle spielen,
im Negativen wie im Positiven.
Wir leben in einer Zeit, in der es nur so von vermeintlich moralisch richtig Handelnden wimmelt, die in den Sozialen Medien einen riesigen Resonanzkörper finden.
Wenn der Regisseur eines modernen, aufgeklärten Films, in dem es so gut wie nur um Frauen geht, explizit beifügen muss, dass er ja auch ein Feminist sei, läuft irgendetwas noch nicht ganz richtig.
Ich möchte nicht, dass irgendeine »Seite« betont werden muss.
Woher komme ich? Richtig! Aus Deutschland! Es stimmt, dass ein Teil meiner Vorfahren aus Ghana stammt und darauf bin ich stolz.
Aber wenn mich jemand oberflächlich und unreflektiert nach meinen »Wurzeln« fragt, kann ich nur müde mit dem Kopf schütteln.
Ich will Einigkeit und Gleichheit.
Weg mit klassifizierenden und wertenden Bezeichnungen!
Auf der anderen Seite grenzt sich jemand auch künstlich ab und lässt eine Diskussion auf gleicher Ebene nicht zu, wer z.B. all zu oft erwähnt, sich angeblich besser als alle Anderen zu ernähren. Es gibt sie einfach nicht, diese eine Wahrheit. Und das gilt auch für uns Menschen des 21. Jahrhunderts, die mit dem Überfluss an Information und Kommunikation noch nicht angemessen umgehen können. Hoffen wir, dass sich das bald ändert oder wenigstens verbessert.
Also weg mit Kategorien und her mit mehr Menschlichkeit!