»Shoplifters« — Review/Kritik zu Hirokazu Koreedas edlem Meisterwerk

Als ich letzten Freitag aus dem Kino ging, fühlte sich das wie der Schritt in eine andere Welt an. Zwielichtige Gestalten, grölende Jugendliche in dunklen, schmutzigen und nassen Straßen. Künstliche Farben, grelle Lichter im kontrastierenden Supermarkt. Ich fühlte mich fremd in einer Welt, die an mir vorbeiging wie ein flüchtiger Traum.
All diese Dinge habe ich erlebt, weil ich zuvor einen Film gesehen hatte, der bleibenden Eindruck hinterließ: »Shoplifters« von Hirokazu Koreeda.

»Beseelt von Liebe«

»Shoplifters« ist ein leiser und liebevoller Film.
Der innere Frieden seiner von Liebe beseelten Charaktere wirkt zutiefst ehrlich und menschlich. Und doch ist er etwas ganz Besonderes und Eigenes. Die im Mittelpunkt stehende Familie hat sich eine Parallelwelt erschaffen, in der Gemeinschaft, aber auch in ihren Köpfen.
Doch je konstruierter und idealistischer die Scheinwelt, desto härter und direkter die irgendwann unvermeidbare Konfrontation mit der Realität und ihren Fragestellungen.

»ohne Zögern oder Schmunzeln«

Ganz sanft gleiten wir durch den Film, der uns immer mehr in seinen Bann zieht. Leider missverstehen einige Zuschauer gewisse japanische Umgangsformen und den feinen Charme der Geschichte und Charaktere. Sie lachen, wenn ich lächle und dabei eine Träne verdrücke.
Doch bereichern uns Filme wie »Shoplifters« auch aus dem vermeintlich simplen Grund, dass sie eben nicht aus den USA und auch nicht aus Europa stammen. Mehr Auseinandersetzung mit der asiatischen Kultur und Kommunikation würde zu mehr Kapazitäten in der Wahrnehmung in diesem Fall japanischer Themen führen. Die Komplexität von »Shoplifters« kann nämlich nur wahrnehmen, wer sich voll und ganz auf seine Charaktere einlassen kann. Man muss ihnen ohne Zögern oder Schmunzeln direkt in die Augen sehen, um ihre persönliche Wahrheit zu erfahren.

Hoffentlich hat »Shoplifters« dazu beigetragen, dass mehr Leute ihre Hülle ablegen, um seine reine, magische Seele in sich aufzunehmen.
Ein melancholisch und traurig stimmender Film, der uns diese Gefühle aber nicht an den Kopf wirft, sondern sie auf ganz feine Art und Weise in unser Innerstes einhaucht. So, dass wir uns anschließend in unserer eigenen Realität fremd fühlen.

Release (Deutschland) 27. Dezember 2018

Der Trailer ist zwar schön gemacht, verrät aber auch Einiges mehr oder weniger Relevantes. Entscheidet selbst, wie viel ihr vorher schon über den Film wissen wollt.


Ein weiterer großartiger, wenn auch ganz anderer asiatischer Film ist »Oldboy« (Kritik im Blog) von Park Chan-wook.
Ein Muss für jeden Cineasten. Aber seid gewarnt: Dieser Film ist eine wahrhaftige Tortur!

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